August 2017 | „Wenn ich mir mal eine Oper anschaue, dann in der Arena di Verona!“ – Diese Aussage meines Mannes hat mich dazu gebracht, ihm dieses Jahr ein besonderes Geschenk zum Geburtstag zu machen: wir verbringen ein Wochenende in Verona mit Besuch des Opernfestivals in der Arena. Das findet jedes Jahr zwischen Ende Juni und Mitte August in der Arena di Verona statt und ist inzwischen eines der renommiertesten Festivals seiner Art. Bisher haben wir es noch nicht geschafft, eine Vorstellung zu besuchen, aber das wird sich nun ändern.
Wir haben nur 2 Abende in der Stadt, was die Auswahl der möglichen Opernstücke einschränkt. Schnell ist die Entscheidung für Tosca getroffen, deren Handlung der italienische Komponist Giacomo Puccini in eine unserer Lieblingsstädte, Rom, gelegt hat. Tickets lassen sich problemlos online erwerben.
Um möglichst viel Zeit in Italien zu haben, fahren wir Donnerstag direkt nach dem Büro los, mit Übernachtung im Allgäu, und Freitag früh morgens weiter Richtung Brennerpass. Auch wenn nicht ich Geburtstag habe an diesem Wochenende, so habe ich doch den Wunsch geäußert, einen Abstecher an den Pragser Wildsee zu machen. Hier waren wir zuletzt vor fast 30 Jahren mit meiner Schwester und meinen Eltern im Familienurlaub. Entgegen meiner Erinnerung war die Umgebung des Sees nicht ruhig und beschaulich (wie Ende der 80er Jahre) sondern von einem großem Parkplatz mit Hotel, Imbissstand und Souvenirshop dominiert – auch hier steht die Zeit eben (leider) nicht still.
Der Pragser Wildsee an sich hat aber nichts von seiner Farbenpracht und dem beeindruckenden Panorama der ihn umgebenden, teils schneebedeckten Gipfel, eingebüßt. Er ist der größte und tiefste natürliche Bergsee in den Dolomiten und liegt auf ca. 1500m Höhe im Hochpustertal. Sein Wasser wird auch im Sommer nicht wärmer als ca. 14°C. Nach einem kurzen Spaziergang am See fahren wir weiter nach Verona, unserem eigentlichen Ziel.
Bei sehr sommerlichen Temperaturen von deutlich mehr als 30°C meiden wir die Stadt und entscheiden uns für einen Aperitif und Eis im nahe gelegenen Örtchen Bardolino am Gardasee.
Durch die Gassen bummeln, den Menschen beim Flanieren zu schauen, dabei Eis essen und einen Aperol Spritz trinken – was will man mehr an so einem heißen Sommertag! Mit Blick auf den Gardasee klingt unser Tag sehr entspannt aus.
Am Samstagmorgen gibt´s Geburtstagskuchen – extra im Glas gebacken und mitgenommen, samt Kerze! Das Geschenk hat mein Schatz ja schon bzw. weiß was ihn heute erwartet und so brechen wir nach dem gemütlichen Frühstück in die Innenstadt von Verona auf.
Unser erster Stopp führt uns zur Basilica di San Zeno. Gebaut im 12. und 13. Jahrhundert ist dies eine der schönsten romanischen Kirchen und damit wohl eine der bedeutendsten Kirchen der Stadt. Im Inneren der Basilika beeindruckt der erhöhte Chor über der Krypta. Wunderschön ist auch der Kreuzgang: von Doppelsäulen getragen lassen sich bei einem stillen Rundgang viele sehr alte Grabstätten entdecken.
In der Innenstadt erkunden wir die Gassen vom Castelvecchio an der Etsch aus weiter zur Arena, der Piazza delle Herbe und natürlich – auch wenn wir es schon gesehen haben – das Haus der Julia. Auch wenn hier alles „unecht“ ist, ist es doch faszinierend und ein überzeugendes Beispiel für gutes Stadtmarketing. Shakespeare hat seine Liebestragödie Romeo und Julia in Verona spielen lassen, was die Verantwortlichen der Stadt – besonders auch durch die Hollywood Verfilmungen dieser Liebesgeschichte – dazu bewegt hat, den Balkon in den 70er Jahren an das „Haus der Julia“ zu bauen. Den gab´s früher dort nicht. Dort lebte übrigens nicht die Familie Capulet sondern eine Familie, die so ähnlich hieß, aber fürs Stadtmarketing passt das so. Auch ein Sarkophag, in dem man die sterblichen Überreste der Julia vermutete, wurde vom Stadtmarketing in ein Gewölbe gebracht, weil dies ebenso in einem Film gezeigt wurde und man sich dadurch mehr Besucher erhoffte. Ergebnis ist ein völlig überlaufener Innenhof mit vollgeschmierten Wänden, weil sich die Menschen mit ihren Liebesschwüren dort verewigen wollen.
Genug von dem Gedränge, wir spazieren weiter zur Piazza delle Herbe, dem schönsten Platz der Stadt. Hier ragt der Lamberti-Turm empor, von dem man einen tollen Blick über die Stadt hat. Aufgrund der Hitze sparen wir uns den anstrengenden Aufstieg, wir waren 2010 schon mal oben.Aber einen Blick in den Hof hinter dem Lamberti-Turm werfen wir: die reitragende Treppe der Vernunft (Scala della Ragione) im „Cortile del mercato vecchio“ (Hof des Alten Markts) ist ein Prunkstück, das bis vor ca. 200 Jahren zum Gericht führte.
Nur wenige Meter weiter Richtung Fluss kommt man zu den Scaliger Gräbern: Grabmäler, die so prunkvoll und filigran gearbeitet und dabei so wenig bekannt sind. Den Eintritt (1€ / Erw., Stand 08.2017) zahlen wir gerne, um uns diese aus der Nähe anzuschauen. Das Wappensymbol des Geschlechts der Scaliger – „La Scala“ (die Leiter) – ist überall daran zu finden.
Trotz angenehmer Mittagspause im Schatten sind wir von der Hitze ziemlich geschafft und lassen uns nun nur noch ohne Ziel durch die Gassen treiben. Entlang am Fluss gehen wir im großen Bogen langsam zurück zu unserem Auto, um uns dann in unserer Unterkunft für den Abend frisch zu machen.
Bevor wir zur Opernvorstellung in die Arena gehen, lassen wir uns unser Dinner in einer ehemaligen Kirche schmecken. Das Ristorante San Matteo liegt ca. 5min Fußweg entfernt von der Arena nahe der Porta die Borsari und überzeugt durch ein außergewöhnliches Ambiente und eine sehr gute Küche. Auf dem Weg zur Arena kaufen wir noch 2 Sitzkissen (bei der langen Vorstellung auf den ungepolsterten Sitzplätzen empfehlenswert).
Die Sonne geht langsam unter, die Temperaturen werden angenehmer, die Arena füllt sich und die Vorstellung beginnt. Für jemand der noch nie eine Oper gesehen hat – wie wir – ist das gerade in dieser Kulisse ein tolles Erlebnis, das seinen Höhepunkt in einem unglaublich beeindruckenden Moment am Ende des ersten Akts hat und selbst am Ende nach ca. 3 Stunden (inkl. Pause) die Zeit nicht lang werden lässt. Das würden wir gerne wieder einmal machen, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt.
Damit geht schon der letzte Tag in dieser schönen Stadt zu Ende. Entfernt man sich von den, gerade zur Hochsaison im August, völlig überlaufenen Plätzen der Stadt, kann man selbst zu dieser Zeit beschauliche Ecken und lauschige Winkel entdecken und genießen. Am Sonntagmorgen brechen wir auf nach Hause, immer mit dem Gedanken, dass unsere nächste Zeit in Italien schon längst gebucht ist und die Zeit der Abstinenz für uns nicht so lang sein wird.